Weltkrieg der Worte

es entstand Krieg
Wort gegen Wort
fürchterlich
entluden sich
Worthülsen
zur Kugel geballt
schnellten Worte
durch die Luft
Worte zerbarsten
in ihre Teile
rissen Glieder
anderer Worte weg
ein Blutbad
unter Worten
für Frieden fehlten
die Buchstaben
ein Wortgewirr
aus zerrissenen Sätzen
verlorene Buchstaben
krallten sich aneinander
Freund und Feind
schrien ihr F
aus dem Leib
völlig ineinander
geschobene Worte
verkrüppelte Sätze
zertrümmerte Buchstaben
das scharfe S
säbelte dem großen P
den Kopf ab
das Z zischte als Pfeil
in den Bauch des O
das R rollte als Panzer
über ganze Sätze
das B zerbombte
Wortlandschaften
explodierende Worte
flogen wortlos vorbei
in alle Winde
zerstreute Buchstaben
versuchten sich neu
zu Worten zu formen
zogen als Wortfetzen
nochmals in den Krieg
liessen sich sinnlos
aus hohlen Worthülsen
im hohen Bogen
hinter feindliche Linien
zu neuem Kampf schiessen
Wort gegen Wort
ein Gemetzel an Sätzen
aufgestellter Worte
Worte wie Feuer
brannten lichterloh
zu Tode erstarrte Worte
kauerten sich
in kalte Verstecke
absurde Wortungetüme
aus Großbuchstaben
fielen über Vorsilben her
was noch Wort war
wurde zerschlagen
zertrümmert zu Wortbruch
zermalmt zu Wortgebrösel
und zu Buchstabenbrei
Krieg ist Krieg
und Satz ist Satz
jeder aufkommende Klang
konnte neues Wort sein
und wurde ausgelöscht
als alle Worte
gefallen waren
herrschte Schweigen
Totenstille brach aus
alle Buchstabenreste
kalt und regungslos
es fehlte zu allem
jegliches Wort
die Sprache war
wie das Wort Krieg
untergegangen

Karl-Ludwig Diehl
baugeschichte@email.de