LyrikZeit ... die Spur von

Donat von Sempach
* 1970, lebt in Bozen (Italien)


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Des Ritter Stachelburgs ewig verlorne Lieb

Der gar jung und drinnen doch so alte Ritter Stachelburg,
Baute seine Lebensbahn auf die Liebe – seiner Frau in trauter Kind- und Kegelsburg,
Doch all dies all zerbrach mit grossem Schalle,
So nahm er mit enger Kehle sein Leben neu in feste Kralle

Kurzweiliges Liebesgetriebe, treue Schwesterliebe,
Lebensmensch und anderes Gesiebe
War das einzige was sein Herz fortan vertrug
Glaubte fest daran und sah nicht wie er sich dabei betrug

Wie lang soll er's so tragen,
Trägt's nicht länger mehr,
Ruhe kann er nicht erjagen,
die wahre Liebe fehlt ihm immer mehr

Sieht er dann ein lockendes Schiff am Strande,
Das die glitzernden Segel im lauen Winde bläht,
Und ihm ruft zu schiffen heim zum warmen Lande
Wo der wahren Liebe Atem weht.
Dann verlassen ihn seine bleiernen Geistes geprägten Bande,
Und ihm scheint als dass die schwere Zeit endlich von ihm geht

Sodann an der neuen Liebe schöner Pforte
Klopft er hoffend und doch zweifelnd an,
Aber ach! Mit dem Donnerworte
Wird sie aufgetan:
"All Liebe, die ihr suchet, trägt perfider Täuschung Schleier,
Liebe ist der Lüge Braut,
Der nur kann sich nennen seelig,
Der ihr nie geglaubt.
"

Bestätigt in seinem finstren Sinne verlasset er auf immer
Seiner Seele einst festes Schloß,
Kein Nachtglück sieht er nimmer,
Noch der schönen Alltage treues Roß,
Von seiner Stachelburg hernieder
Steigt er mit gar starren Blicke,
Es erkennt ihn niemand mehr wieder,
Denn er ist's nicht mehr, der da sieht aus seinem Gesichte

Statt der warmen Liebesburg schönster Wand.
Wählt er der kalten Einsamkeit erbärmlichste Hütte
Jener Gegend grausam nah
Wo er die Liebe versprechend aus des Lebens Mitte
In der Jugend Frische einst sah;
Dort harrend von jedes Morgens Lichte
Bis zu Abends Schein,
Stille Hoffnung im Gesichte,
Harrt er da allein.

Blickt nach der Liebe weit drüben
Blickt Stundenlang,
Nach dem Fenster seines Glückes,
Bis zum nächsten Fenster Klang,
Bis die Liebe sich abermals kurz zeigt
Bis ihr teures Bild
Sich zu ihm wieder herunterneigt,
Versprechend, heiss und wild, doch auch so engelmild.

Doch immer dann kauert er zitternd sich nieder,
Schläft klammfrierend ein,
Still sich verbietend immer wieder,
In die gestreckte Liebeshand die seine zu legen tief hinein

Und so saß er viele Tage
Saß viel Jahre, ja ein dünnes Leben lang,
Harrend mit geschlucktem Schmerz und Klage
Zwischen jedem Fenster Klang.

Bis einst die Lieble sich wieder zeigte,
Bis ihr teures Bild
Sich zu ihm abermals herunter neigte,
Ruhig, engelmild.
Doch er, nunmehr als blosse Leiche,
Sass des Morgens da,
Nach dem Fenster nunmehr das bleiche
Still und für immer tote Antlitz sah.

Die Liebe kommt, die Liebe geht,
Doch manchmal ist ihr Abgang auch endgültigst,
Denn dem der sich an ihrer Wiederkehr versündigt,
Dessen Glückes Folge sich verdreht:
die Liebe kommt, das Leben geht.

 

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