LyrikZeit ... die Spur von

Derwisch
Der Derwisch lebt, wie es sich gehört, im Dunkeln.
Er treibt sich um zwischen Nichts und Welt.
26 Jahr ist’s, seit er war.
Hat allen schönen Blumen bereits in die Augen geschaut.
Und sein Beruf – er schreibt.

Mail dem Derwisch


Inhalt:


Dunkler Sommer

Die Sonne scheint
Das Licht spielt auf den Wogen
Ich schwimme auf einem stillen,
von hohen Bergen und Wäldern umgebenen See
voller Farben und schillernder Flächen -
über einem dunklen Grund.

Die Luft ist kühl
Die Welt versinkt unter meinen strampelnden Füssen
Sommer auf meiner Haut:
Licht über meinem Abgrund
Die Welt ist schön
zu schön, um zu sterben:

Die Vögel, das Lachen,
das Zirpen, das Grün
Schrecken, spreiz deine Flügel
und erhebe dich
mit deinem Klagensgeschrei über mich.

Ihr Lächeln liegt
auf dem tiefen Grund meiner Seele
Ich spüre es tief in mir
Darüber höre ich das fröhliche Geschrei
des Lebens, kleine Kinder und Schwäne,
Lichtstrahlen, die sich verzweifelt
in das dunkle Antlitz des Sees wühlen...

Ich schwimme
über einem dunklen Grund.


^up

Heimfahrt (Auf der Barke)

Treib ins Nichts
Rudermann, dunkler
Heb dein Steuer
in die Nacht
Fahr mich heim
dort, wo ich herkomme
Komm, ich bitt dich
Ruderer mit dem knochigen Schädel
Heb dein Steuer
in die Nacht
Das Wasser schwappt
Auf den Wogen des Schmerzes
fahr ich heim
Dort, wo dein wunderschönes
Reich ist
Der Tod
Süss schreien schon die Sirenen
vom anderen Ufer
Schalmeien aus Moder
dringen ganz nah an mein Ohr
Mach schnell
Gondoliero, mein bleicher
mach schnell
Heb dein Steuer
ins Nichts


^up

Abendmond

Schlaf schliess mir die Lider
Tau deck mich zu
Unter einem nächtlichen Stern
lieg ich begraben
Schnee rieselt auf mich hernieder
auf meine fiebriges,
dem Tod zugewandtes Antlitz
Schreie des Lebens verhallen
In endloser Nacht
Aschehaupt, das sich auf mich niederlegt
Der weisse Baum neben mir rauscht
Wie das Lächeln eines Engels
meine Augen sind tot
Das Herz ist still geworden
Friedliche Seele
Hörst du den Gesang
der hässlichen Weiber
Und das scheue Gesicht
Unter dem fahlen, linnernen Mond:
Der Tod lächelt mich an


^up

Wanderer

Dunkle Gestalt,
am Horizont gezeichnet,
Blitz über dem Hügel
Hauch und Schatten
zum Niemand
Warum hältst du dein Antlitz in Händen:
Zuckende Blitze verglühen
in deinen Raubkatzenfingern
und vom Himmel
tropft kreischendes Blut auf deine Stirn

Niemand soll sagen,
die Welt ist schön:
Grausamkeit und Schrecken
regieren über der Welt
Zu gross ist deine Enttäuschung -
dabei war deine Erwartung ganz klein -
Und du weisst:
Keine Welt ist die deine
Keine Welt ist die deine
Den Tod in deinen Augen
wanderst du über
Asseln und Seelen
Erbarmungslose Lächeln
Düstere Blicke,
die du wie Speere
in die Nacht der Verdammnis wirfst

Reich der Schatten
Heim alleine
Welt ohne Trost
Wanderer,
stütz dich auf deinen Stab
und die Erde bricht ein
verglühe den Himmel
und zerstöre die Götter
mit ihrem selbstzufriedenen Lachen
mit deinem Zorn,
der sich über Jahrtausende jährt
und Kinder und Frauen,
die man zu Asche verbrannte,
und deiner abgrundtiefen
Traurigkeit


^up

Der tote Schrei

Der Sinn - verlorn -
nie länger wacht
Das Blut - im Aug -
rinnt durch die Nacht
Das Herz - vergorn -
fand nichts dabei
Die Lust - verlorn -
war toter Schrei
der Schmerz - sich krümmt -
zu Tode lacht
das Leben - Nacht -
ins Nichts verrückt
Angst kriegt - schon längst -
der Leib vor seiner Lieb,
die - gelb vor Neid -
kein Ende sieht
der Feuerrausch - o Gott -
in seiner Seel
Die Toten - bleich -,
und wolln nicht sterbn,
und öffnen laut - kristallenschwer -
das schwere Buch der Zeit:
den Schrei
Tiriaden - rauschen schnell vorbei -,
was soll - am Ende nur - er tun
Den Mensch - nie aufhört er zu sein -
er immer liebt


^up

Morgenrot  (Ewige Liebe)

I

Zeitlosigkeit - ein Ort,
an dem zwei Liebende sind
Blütenblätter, die sich
zu Knospen erheben

II

Apoua, meine Gefährtin,
streckt sich in den Wind
und lässt sich zu den Sternen tragen

III

Darf ich es sagen
Die Traurige,
so geheimnisvoll,
so still
war sie in ihrem Abgrund

IV

Sie erhob sich über alles
Sie war die Göttin der Lilien
und des Feuertals

V

Sie war mein
Ihr Herz so rein
wie eine endlose Träne

VI

Morgentau in ihren Blicken
Wachte auf in meinem Herzen
Ein Lächeln
Voller Morgenrot
in ihren sanften Augen

VII

Milde Lächeln,
die auf meiner Brust zerströmen
Geheimnisvoller Gast
aus einer anderen Welt


^up

Komet

Schicksalsnacht
war gedacht
nie zu sterben
In diesem Himmelszelt
Neben den grossen Sternen
verblasst sie
in ihrer göttlichen Ruh
Kometen glitzern am Himmel,
fallen mit ihrem
wunderschönen Schweif
vom Himmelszelt herab
Was für ein Traum
Dort der Baum
und das Licht,
das Geheimnisse verspricht
War die Welt
nicht nur ein Traum,
glaub es kaum,
rutsch entlang
am Himmelssaum,
fall ins Licht,
das im Angesicht
der grossen, blinkenden Sterne
über mich bricht
Schattennacht,
die ich verbracht
in ihrem herrlichen Glanz
Bin doch nur ein Stern -
doch in mir wölbt sich das All
Alles Fall
In meinem Herz
knistert das Nichts...
Dunkler Stern,
siehst du fern
einen Kometen
am Himmel streifen - -


^up

Seegeist

Abend liegt auf mir,
Ich bin das stille, glatte Wasser
Spiegel bin ich dunkler, ungeheuerlicher Berge,
Bin so sanft und gross
und meine Arme
streck ich an die Küsten,
schliesse diese ganze Nacht,
die auf mir liegt,
in mich
Tief in mir, da toben Strudel,
Schatten tauchen auf und gleiten unter
Still, da lieg ich
sanft im Abendlicht,
glitzere, lächele scheu
Schwäne halten hier und reisen,
kreisen über meiner tiefen Ruhe,
preisen flatternd, lüsternd
meine Einsamkeit
Und ich schlafe,
schicke kleine, scheue Wellen,
die ich an die Ufer treibe
Sonne singt
Und Mond so starr
Hier lieg ich
wie ein grosses, dunkles, trauriges Herz
und über mir die Vögel schlafen -
Schatten tauchen tief in mich hinein


^up

Schattenhain

Immer mein
Nur mir allein
Dort, wo ich mich
in mir verliere
Rein
verdeckt von Schein
und Totenbein
Ganz klein
ein Heim
im finsteren Sein
Nur mir
allein
Und tief in mir -
der Gottesschrein


Geheimnis

Und als ich abendtief
im Mond einschlief,
war mir auf einmal hell bewusst,
auf was das alles -
diese Welt - doch fusst

Im Inneren der Welt
versinkt ein Schrei
Ein kleines Ei liegt
still und rund
am Weltengrund

Das Leben selbst
Es ist ein stilles Rauschen - -
Es ist das Leben selbst
Und niemand will es tauschen
Es ist ein Schatten, rein,
von Schattenhain
umgebener, kleiner See

Stille Mondquelle
unter meinem Herzen
Daraus alles spricht,
daraus kommt alles Licht


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