an Gottfried
Benn
Gesammelte Gedichte, 2.Aufl. / Kurt Wolff Verlag Leipzig (o.J) |
Höre Ich raube in den Nächten
Die Rosen deines Mundes,
Daß keine Weibin Trinken findet.
Die dich umarmt,
Stiehlt mir von meinem Schauern,
Die ich um deine Glieder malte.
Ich bin dein Wegrand.
Die dich streift,
Stürzt ab.
Fühlst du mein Lebtum
Überall
Wie ferner Saum? |
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Nur
dich Der Himmel trägt im Wolkengürtel
Den gebogenen Mond.
Unter dem Sichelbild
Will ich in deiner Hand ruhn.
Immer muß ich wie der Sturm will,
Bin ein Meer ohne Strand.
Aber seit du meine Muscheln suchst,
Leuchtet mein Herz.
Das liegt auf meinem Grund
Verzaubert.
Vielleicht ist mein Herz die Welt,
Pocht
Und sucht nur noch dich
Wie soll ich dich rufen? |
an Gottfried
Benn
Gesammelte Gedichte, 2.Aufl. / Kurt Wolff Verlag Leipzig (o.J) |
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Nachruf
von Else Lasker-Schüler an den 1916 im 1.Weltkrieg gefallenen Franz Marc
aus: Neue Jugend, Monatszeitschrift, 1.Jahr, Ausgabe 11/12, Februar/ März 1917,
Seite 245 |
Als der blaue Reiter war gefallen ... Griffen unsere Hände sich wie Ringe;-
Küßten uns wie Brüder auf den Mund.
Harfen wurden unsere Augen,
Als sie weinten: Himmlisches Konzert.
Nun sind unsere Herzen Waisenengel.
Seine tiefgekränkte Gottheit
Ist erloschen in dem Bilde: Tierschicksale. |
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Abschied (1)
Der Regen säuberte die steile Häuserwand,
Und ich schreibe auf weißen, steinernen Bogen
Und fühle sanft erstarken meine müde Hand
Von Liebesversen, die mich immer süß betrogen.
Ich wache in der Nacht stürmisch auf hohen Meereswogen!
Vielleicht entglitt ich meines Engels liebevoller Hand,
Ich hab' die Welt, die Welt hat mich betrogen;
Ich grub den Leichnam zu den Muscheln in den Sand.
Wir blicken all' zu einem Himmel auf, mißgönnen uns das Land?-
Warum hat Gott im Osten wetterleuchtend sich verzogen,
Vom Ebenbilde Seines Menschen übermannt?
Ich wache in der Nacht stürmisch auf hohen Meereswogen!
Und was mich je mit Seiner Schöpfung Ruhetag verband,
Ist wie ein spätes Adlerheer unstät in diese Dunkelheit geflogen.
aus: Konzert. Rowohlt Berlin 1932 |
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Abschied (2) Aber du
kamst nie mit dem Abend-
ich saß im Sternenmantel.
...Wenn es an mein Haus pochte,
war es mein eigenes Herz.
Das hängt nun an jedem Türpfosten,
auch an deiner Tür;
zwischen Farren verlöschende Feuerrose
im Braun der Guirlande.
Ich färbte dir den Himmel brombeer
mit meinem Herzblut.
Aber du kamst nie mit dem Abend-
...Ich stand in goldenen Schuhen. |
aus: Die
Kuppel, Der Gedichte zweiter Teil, Paul Cassirer Berlin 1920 |
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aus:
Hebräische Balladen. A.R.Meyer Verlag Berlin-Wilmersdorf 1913 |
Sulamith O, ich lernte an Deinem süssen Munde
Zuviel der Seligkeiten kennen!
Schon fühl' ich die Lippen Gabriels
Auf meinem Herzen brennen. . .
Und die Nachtwolke trinkt
Meinen tiefen Zederntraum.
O, wie Dein Leben mir winkt!
Und ich vergehe
Mit blühendem Herzeleid
Und verwehe im Weltraum,
In Zeit,
In Ewigkeit,
Und meine Seele verglüht in den Abendfarben
Jerusalems. |
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George Grosz Manchmal
spielen bunte Tränen
In seinen äschernen Augen.
Aber immer begegnen ihm Totenwagen,
Die verscheuchen seine Libellen.
Er ist aberglaubig--
--Ward unter einem großen Stern geboren--
Seine Schrift regnet,
Seine Zeichnung: Trüber Buchstabe.
Wie lange im Fluß gelegen,
Blähen seine Menschen sich auf.
Mysteriöse Verlorene mit Quappenmmäulern
Und verfaulten Seelen.
Fünf träumende Totenfahrer
Sind seine silbernen Finger.
Aber nirgendwo ein Licht im verirrten Märchen
Und doch ist er ein Kind,
Der Held aus dem Lederstrumpf
Mit dem Indianerstamm auf Duzfuß.
Sonst haßt er alle Menschen,
Sie bringen ihm Unglück.
Aber Georg Grosz liebt sein Mißgeschick
Wie einen anhänglichen Feind.
Und seine Traurigkeit ist dionysisch,
Schwarzer Champagner seine Klage.
Er ist ein Meer mit verhängtem Mond,
Sein Gott ist nur scheintot. |
aus: Die
Kuppel. Paul Cassirer, Berlin 1920 |
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aus: Die
Kuppel. Paul Cassirer, Berlin 1920 |
Abschied Ich
wollte dir immerzu
Viele Liebesworte sagen,
Nun suchst du ruhlos
Nach verlorenen Wundern.
Aber wenn meine Spieluhren spielen
Feiern wir Hochzeit.
O, deine süßen Augen
Sind meine Lieblingsblumen.
Und dein Herz ist mein Himmelreich...
Laß mich hineinschaun.
Du bist ganz aus glitzernder Minze
Und so weich versonnen.
Ich wollte dir immerzu
Viele Liebesworte sagen,
Warum tat ich das nicht? |
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Heimlich zur Nacht Ich
habe dich gewählt
Unter allen Sternen
Und bin wach - eine lauschende Blume
Im summenden Laub.
Unsere Lippen wollen Honig bereiten,
Unsere schimmerden Nächte sind aufgeblüht.
An dem seligen Glanz deines Leibes
Zündet mein Herz seine Himmel an -
Alle meine Träume hängen an deinem Golde,
Ich habe dich gewählt unter allen Sternen. |
aus: Die
Kuppel. Paul Cassirer, Berlin 1920 |
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aus: Meine
schöne Mutter blickte immer auf Venedig |
Das Lied meines Lebens Sieh in mein verwandertes Gesicht . . .
Tiefer beugen sich die Sterne.
Sieh in mein verwandertes Gesicht.
Alle mein Bleumenwege
Führen auf dunkle Gewässer,
Geschwister, die sich tödlich stritten.
Greise sind die Sterne geworden . . .
Sieh in mein verwandertes Gesicht. |
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Gott hör... Um
meine Augen zieht die Nacht sich
Wie ein Ring zusammen.
Mein Puls verwandelte das Blut in Flammen
Un doch war alles grau und kalt um mich.
O Gott und bei lebendigem Tage,
Träum ich von Tod.
Im Wasser trink ich ihn und würge ihn im Brot.
Für meine Traurigkeit gibt es kein Maß auf deiner Waage.
Gott hör... In deiner blauen Lieblingsfarbe
Sang ich das Lied von deines Himmels Dach -
Und weckte doch in deinem ewigen Hauche nicht den Tag.
Mein Herz schämt sich vor dir fast seiner tauben Narbe.
Wo ende ich? - O Gott!! Denn in die Sterne,
Auch in den Mond sah ich, in alle deiner Früchte Tal.
Der rote Wein wird schon in seiner Beere schal...
Und überall -die Bitternis- in jedem Kerne. |
aus:
Konzert. Rowohlt Berlin 1932 |
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Palmenlied
O du Süßgeliebter,
Dein Angesicht ist mein Palmengarten,
Deine Augen sind schimmernde Nile
Lässig um meinen Tanz.
In deinem Angesicht sind verzaubert
Alle die Bilder meines Blutes,
Alle die Nächte, die sich in mir gespiegelt haben.
Wenn deine Lippen sich öffnen,
Verraten sie meine Seligkeiten.
Immer dieses Pochen nach dir-
Und Htte shcon geopfert meine Seele.
Du mußt mich inbrünstig küssen,
Süßerlei Herzspiel;
Wir wollen uns im Himmel verstecken.
O du Süßgeliebter
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an Gottfried
Benn
Gesammelte Gedichte, 2.Aufl. / Kurt Wolff Verlag Leipzig (o.J) |
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