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Stefan George
Büdesheim (Bingen) 12.7.1868 - Minusio (bei Lorcarno) 4.12.1933

Der bedeutendste Dichter des Symbolismus in Deutschland.

Der frühe George:
L'art pour l'art —
gegen Naturalismus und Epigonendichtung,
Abkehr von der Alltagswirklichkeit,
sprachliche Ökonomie,
Dichtung als Sinnbild für innere Zustände. Das Gedicht ist das Höchste, was Menschen erreichbar ist. Es wirkt durch Schönheit zum Guten, es heilt und steigert.

Form ist Schöpfung;
Formen ist eine ästhetische und zugleich sittliche Tat. Sie ist aller Natur mitgegeben und den Menschen als Aufgabe gestellt.

Später, der Mythos Maximin:

Dem bist du kind - dem freund.
Ich seh in dir den Gottt
Den schauernd ich erkanntt
Dem meine andacht gilt.

aus: Der siebente Ring

Georgesche Mystik mit Maximin als neuem Gott und George als Propheten des kommenden neuen Reiches, das nach Durchgang und Chaos entstehen und den aristokratischen, göttergleichen Menschen hervorbringen soll.
Es ist ein Schwärmen für ein höheres Menschentum

  • Sohn eines Weinhändlers und Gastwirts

  •  einige Semester Romanistik, Philosophie und Kunstgeschichte in Berlin

  •  Paris: Bekanntschaft mit Mallarmé, Verlin, Rodin u.a.

  •  Wien: H.v. Hofmannsthal

  •  «Hymnen», Gedichtzyklus, 1890

  •  «Pilgerfahrten», Gedichtzyklus, 1891

  •  «Algabal», Gedichtzyklus, 1892 (ästhetischer Amoralismus unter dem Einfluss von Baudelaire

  •  ab 1892 um die «Blätter für die Kunst»:
    George-Kreis: heterogene Gruppe von Dichtern, Künstlern und Gelehrten mit ästhetisch-kulturreformerischer Zielsetzung: Vergeistigung der Kunst, der Dichter steht als Fremdling der Masse gegenüber — ein reiner Männerbund

  •  1895: «Die Bücher der Hirten- und Preisgedichte, der Sagen und Sänge und der hängenden Gärten»: das dichterische Ich sucht seinen Ursprung in den drei großen Bildungswelten Oreint-Antike-Mittelalter

  •  1897: «Das Jahr der Seele», dreiteiliger Zyklus, Abschluß des Frühwerks

  •  1900: «Der Teppich des Lebens und die Lieder von Traum und Tod», Abwendung vom Ästhetizismus, neue mythische Wertewelt: der Dichter als Seher im Gefolgschaftskreis der Jünger: Ethos der Tat

  •  1902 erste Begegnung mit dem 14jährigen Gymnasiasten Maximilian Kronberger, der zwei Jahre später starb — daraus schuf er den Mythos Maximin (1907: Maximin. Ein Gedenkbuch / Der siebente Ring)

  •  1914: Zyklus «Der Stern des Bundes»: Verherrlichung der neuen mythischen Einheit des Daseins, Versuch im Gefolge Nietsches, die Krise der europäischen Kultur durch die Stiftung eines «Neuen Bundes» des mythisch-aristokratischen Menschen zu überwinden

  •  ab 1933 in der Schweiz (als Protest gegen die Vereinnahmung durch die Nazis)

Wir haben an dieser stelle häufig dargetan dass der für den Schaffenden selbstverständliche leitspruch »die Kunst für die Kunst« auch vom betrachtenden aus nicht etwa auf eine ausschliessliche übung in gewaltstückchen der werkstatt und in schmuckhaften wortmosaiken zweckte · was eine verkennung der mittel bewiese · sondern noch eine andere bedeutung in sich schloss. Diese äusserste sorge bei der feilung der gefüge · dieses ringen nach der höchsten formalen vollendung im werke · diese liebe für das Runde · das in sich vollkommene · das nach allen seiten hin richtige · diese ablehnung des nur triebhaften skizzenhaften nicht-ganz-gekonnten · des halb überschüssigen halb unzulänglichen · das so lange ein fehler heimischer leistung war: diese liebe und diese ablehnung setzen mehr voraus als eine formel – nämlich eine geistige haltung ja eine lebensführung. wenn eine ganze gruppe von deutschen menschen · ob auch in beschränkter zahl und auf beschränktem gebiet · jahrzehnte hindurch trotz aller anfeindungen und misskennungen in diesem sinne spricht und handelt · ja ihr höchstes bestreben sieht · so kann daraus für die gesamte bildung und für das gesamte leben mehr wirkung ausströmen als aus einer neuen »weltanschauung«.

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DER WIDERCHRIST

»Dort kommt er vom berge · dort steht er im hain!
Wir sahen es selber · er wandelt in wein
Das wasser und spricht mit den toten.«

O könntet ihr hören mein lachen bei nacht:
Nun schlug meine stunde · nun füllt sich das garn ·
Nun strömen die fische zum hamen.

Die weisen die toren - toll wälzt sich das volk ·
Entwurzelt die bäume · zerklittert das korn ·
Macht bahn für den zug des Erstandnen.

Kein werk ist des himmels das ich euch nicht tu.
Ein haarbreit nur fehlt und ihr merkt nicht den trug
Mit Euren geschlagenen sinnen.

Ich schaff euch für alles was selten und schwer
Das Leichte · ein ding das wie gold ist aus lehm ·
Wie duft ist und saft ist und würze -

Und was sich der grosse profet nicht getraut:
Die kunst ohne roden und säen und baum
Zu saugen gespeicherte kräfte.

Der Fùrst des Geziefers verbreitet sein reich ·
Kein schatz der ihm mangelt · kein glùck das ihm weicht..
Zu grund mit dem rest der empörer!

Ihr jauchzet entzückt von dem teuflischen schein ·
Verprasset was blieb von dem früheren seim
Und fühlt erst die not vor dem ende.

Dann hängt ihr die zunge am trocknenden trog ·
Irrt ratlos wie vieh durch den brennenden hof..
Und schrecklich erschallt die posaune.

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Du schlank und rein wie eine flamme
Du wie der morgen zart und licht
Du blühend reis vom edlen stamme
Du wie ein quell geheim und schlicht

Begleitest mich auf sonnigen matten
Umschauerst mich im abendrauch
Erleuchtest meinen weg im schatten
Du kühler wind du heisser hauch

Du bist mein wunsch und mein gedanke
Ich atme dich mit jeder luft
Ich schlürfe dich mit jedem tranke
Ich küsse dich mit jedem duft

Du blühend reis vom edlen stamme
Du wie ein quell geheim und schlicht
Du schlank und rein wie eine flamme
Du wie der morgen zart und licht.

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