... Spuren ins Grenzenlose

Perspektiven
mystisch
aufgeklärt
romantisch

Die Spur der romantischen Perspektive findet sich schon lange vor dem Begriff der Romantik.
Es ist die Spur all derer, die selbst erfahren wollen, unmittelbar,
nicht durch die Vermittlung von Institutionen, Dogmen, Regelwerken des Glaubens, Denkens ...

Da war schon früh die mystische Perspektive.
Ihr Blick ist geleitet von der Ahnung, dass meine Beziehung zu allem was ist, sich nicht in dem von der kollektiven Sprachlogik gefesselten Denken erschöpft, sondern von ihm sogar oft allzu sehr eingeengt wird. Es geht nicht nur um die unmittelbare (Herzens-) Beziehung der alten Mystiker zu Gott, es geht, weiter gefasst, um die eigene Beziehung zu dem, was wir das Geheimnisvolle nennen, es geht um die Frage des Erkennens (als wirkliche und doch ganz meine Beziehung zu allem was ist) jenseits des rein rationalen Denkens und Forschens.

Den Liebhabern des klaren und begrifflich eindeutigen Denkens ist diese "nebulöse", "irrationale", "unbewusste", "verschwommene" Art des "unklaren Bewusstseins" (Karl Marx) ein Gräuel, der dringend analysiert werden sollte, um das Bewusstsein zu reformieren. Das ist jedoch nur eine zwar folgenreiche, jedoch schmale Spur in der breiten Perspektive der philosophischen Aufklärung.

Der neuzeitliche Trend des Philosophierens beginnt schon im 17. Jh. beim Vernunftphilosophen Descartes. Zum ersten Mal seit den Sophisten der Antike, also seit mehr als 2000 Jahren, bin wieder ich selbst (das Subjekt) Ausgangspunkt des Philosophierens. Und damit hat die Neuzeit begonnen.

Die Spuren der Aufklärung sind die Spuren der Auflehnung gegen die geistige Bevormundung durch gesellschafts- und kulturpolitisch mächtige Autoritäten. Sie nehmen zu im Gefolge der Auflehnung der christlichen Reformatoren gegen den Anspruch der katholischen Kirche, die Hüterin der alleinigen, allgemeingültigen Wahrheit zu sein. Von England, Frankreich und Deutschland greift eine Bewegung auch auf andere Länder über, welche sich anschickt, die Polemik gegen Dogma, Geschichte und Tradition im Denken und Politisieren zu verarbeiten. Wieder geht es um die Freiheit der Einzelnen, das denken, schreiben und verkünden zu dürfen, was sie wollen. Toleranz wird gefordert. Kritik wird zu einem Losungswort des 18. Jahrhunderts.

Die romantische Perspektive ist nicht einfach als Sichtweise von Gegnern der Aufklärung zu verstehen. Auch nicht als Inbegriff des Vernunftverzichts oder die Rückkehr zum katholischen Glauben und des Verzichts auf eigenverantwortliches Denken. Gerade nicht. Die Bedeutung des selbstbestimmenden Subjekts (ein Gräuel für die katholische Lehre) erscheint noch stärker hervorgehoben. Aber die vernunftbetonte Perspektive der aufgeklärten Emanzipation wird ausgeweitet. Nicht nur selber denken, sondern auch selber träumen und schließlich als nochmalige Akzentverschiebung bis in unsere Zeit hinein: mich selber sein.

antonio cho

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