ELIZABETH BISHOP

Vom fünften Stockwerk

Noch ist es Nacht.
Derselbe namenlose Vogel dort, wie immer auf seinem Ast.
Beim Nachbarn schlägt der kleine Hund kurz an,
nur einmal, fragend.
Vielleicht, dass auch der Vogel im Schlaf
kurz nachfragt, ein- oder zweimal piepsend
die Fragen — wenn es welche sind —
die ihre Antwort unvermittelt finden,
dadurch, dass es tagt.

Eine Wucht, dieser Morgen,  die klare Weitsicht,
das Licht, das sich fahl von der einen Seite
an jeden Ast, an jeden nackten Zweig legt,
sodass sich, Glasadernsketch, ein zweiter Baum formt.
Der Vogel bleibt da. – Sieht aus, als gähnt’ er gerade.

Der Hund, klein und schwarz, rennt im Hof herum.
Die Stimme seines Herrn kommt, energisch:
"Nu schäm dich!"
Was hat er denn nur verbrochen?
Ausgelassen springt er hoch, immer wieder;
jetzt prescht er im Kreis durch das Herbstlaub.

Kennt offensichtlich keine Scham.
Er weiss, wie der Vogel dort, dass die Antwort  
auf alles bereits gegeben ist, alles durchgeht –
man braucht nicht nochmals zu fragen.
— Man gerät ja so leicht vom Gestern ins Heute.
(Wo mir das Gestern kaum wegzustemmen schien.)

Übersetzung aus dem Englischen
von Rolf A. Leemann